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Il Borgo

INTERVIEW

Sie sind die Gewinner des Lifestyle-Insider Awards 2019 in der Kategorie "Restaurants": Im Interview erzählen uns die Eigentümer - Carmen, Vito und Gianluca Doino - wie es zu diesem Stück italienischer Lebensfreude in München kam und warum das Il Borgo fast schon eine Institution ist.

17. Mai 2019

Vito, das Il Borgo ist in München schon fast eine Institution. Wie kam es dazu?

Vito: Das war im November 1989. Ich arbeitete damals seit gut sieben Jahren als Oberkoch im Restaurant Gattoprado an der Ecke Georgen-/Isabellastraße. Mein Chef wollte ein zweites Lokal ein paar Straßen weiter aufmachen und fragte mich. Zu dritt haben wir eröffnet, zwei Jahre später stiegen meine Partner aus und seit über 20 Jahren führe ich das Il Borgo nun alleine mit meiner Familie.

Wann war für Dich klar, dass Du Koch wirst?

Vito: Schon in der Kindheit. Bei uns zu Hause wurde immer gekocht und meine Eltern hatten immer viele Freunde zu Besuch. Ich denke, das steckt einfach im Blut. Pure Leidenschaft. Du kannst der intelligenteste Mensch sein, aber wenn du deinen Beruf nicht in den Fingerspitzen hast, dann wird es nichts. Ich habe hier viele Jahre in der Küche gearbeitet und anderen Profis über die Schulter geschaut. Paulo Fritz war zum Beispiel ein Kollege, der von Witzigmanns Tantris kam. Neben der Küche kümmerte ich mich auch um unsere Gäste. Irgendwann ging das ständige Hin- und Her nicht mehr: „Vito, trink ein Glas mit uns!“ – und dann wieder zurück in die Küche. Das funktioniert nicht! Beim Kochen muss man konzentriert sein. Unser heutiges Team ist seit vielen Jahren bei uns. Wir haben kaum Wechsel.

Das spricht für Euch und Eure Philosophie: Man kommt als Gast und geht als Freund!

Vito: Wir haben sehr viele Stammgäste und nur wenig Touristen. Es kommen Gäste, die ich seit 35 Jahren kenne. Manche waren schon als Kinder mit ihren Eltern hier und sind auf der Bank eingeschlafen. Heute sind sie selbst Gäste.

Braucht man zum Kochen Talent oder Leidenschaft?

Vito: Beides - wobei es viel mit Talent und Kreativität zu tun hat. Im Kochbuch kann man sich schon Anregungen holen. Aber wenn du in der Früh die Kochjacke anziehst und in die Küche gehst, dann hast du längst eine Idee. Gestern habe ich mir zum Beispiel schon gedacht, heute machst du die Brotgnocchi mit Radicchio. Du musst kreativ sein, um neue Gerichte zu entwickeln. Ich sage immer: Kochen ist wie guter Sex: Lass dir jeden Tag etwas Neues einfallen, sonst wird’s langweilig.

Ihr habt ein täglich wechselndes Degustationsmenü auf der Karte?

Vito: Ja, wir bieten täglich eine neue Tageskarte mit hausgemachter Pasta, Fisch und Fleisch - eben was gerade saisonal auf dem Markt ist. Aus der Tageskarte stellen wir ein Degustationsmenü zusammen.

Ihr seid kein „normaler“ Italiener mit Pizza und Co. sondern betreibt italienische Gourmetküche. Gibt es jemanden, der Dich inspiriert und Deine Kochkunst verfeinert hat?

Vito: Das hat sich über die Jahre entwickelt. Man darf nie stehen bleiben, muss immer kreativ sein. Mein Beruf gleicht der Bühne in einem Theaterstück. Ich bin der Hauptdarsteller und muss tagtäglich dafür sorgen, dass die Leute Spaß haben. Dazu zählt hier sowohl die Küche, aber auch das Ambiente. Das kostet Kraft, ist aber sehr motivierend. Wenn Du zum Beispiel selbst fünf Leute einlädst und dir richtig Mühe gibst, dann freust du dich ganz besonders, wenn sich deine Gäste am nächsten Tag bedanken! Bei uns klingelt alle zehn Minuten das Telefon, der Laden läuft. Ich kenne aber auch andere, die freuen sich, wenn überhaupt Leute kommen. Das würde ich nicht aushalten.

In der Tat! Ihr habt hier wirklich alles richtig gemacht. Kommen wir zum Rest der Familie: Wie hast Du Deine Frau Carmen kennengelernt?

Vito: Das war vor über zwanzig Jahren in der Waldwirtschaft. Heute ist Carmen meine rechte Hand, ohne die ich das hier nicht schaffen würde. Sie sitzt täglich mindestens fünf Stunden im Büro und erledigt alles Wirtschaftliche. Außerdem kümmert sie sich um die Deko und das Ambiente.

Da ergänzt Ihr Euch perfekt. Wer von Euch kocht zu Hause?

Vito: Ich! Immer! Sie kann schon ein paar Sachen kochen, aber muss nicht sein (lacht)…

Carmen: Sagen wir mal so: Ich habe nicht italienisch kochen gelernt sondern badisch. Und für Italiener gibt es oft nichts Schlimmeres als Sauerbraten mit Spätzle oder Ähnliches. Also überlasse ich es ihm…

Wenn Ihr mal selbst essen geht, wo finden wir Euch? Bei einem Italiener?

Vito: Nicht immer. Ich liebe auch die gute bayerische Küche. Es gibt wenig Leute, die einen Schweinsbraten im eigenen Saft schön abgießen. Meist verwendet man Fertigsoßen. In der Nähe von Dachau ist so ein Lokal, wo Du noch richtig gute, bayerische Küche kriegst: Das Gasthaus Weißenbeck. Da ist der Spanferkelbraten vom Feinsten. Man merkt einfach, dass er mit Liebe zubereitet wird.

Für Dich spielen die Zutaten eine wichtige Rolle?

Vito: Die Qualität der Zutaten ist die Hauptsache, die „materia prima“. Ich kenne zum Beispiel andere Köche, die nicht viel Wert auf Olivenöl legen. Für mich ist gutes Olivenöl die Basis in der Küche. Ein Blatt Salat mit dem falschen Öl und du machst alles kaputt. Egal, ob Fisch, Fleisch oder Gemüse - wir haben erstklassige Lieferanten, auf die wir uns jetzt schon seit 27 Jahren verlassen können.

Eure Weinkarte umfasst ausschließlich italienische Wein. Wie wählt Ihr aus?

Vito: Manche Winzer stellen sich bei uns vor oder schicken eine Einladung. Wir gehen sehr oft auf Weinreisen - vom Norden bis Süden. Es gibt mittlerweile wunderbare, kleine Weingüter, die kein Mensch kennt, die aber qualitativ sehr gut sind. Die lernst du nur kennen, wenn du selbst auf Reisen bist. Im Urlaub besuchen wir daher immer Weingüter.

Was ist Dein persönlicher Lieblingswein?

Vito: Ein Oratorio von Inama.

Und bei Dir Carmen, sind es da eher badische Weine?

Carmen: Weniger Weine, eher Spumante. Ich liebe Franciacorta, insbesondere von Berlucchi.

Vito: Viele wissen gar nicht, welche Qualität so ein Franciacorta hat. Der Spumante wird nach der „methode champenoise“ hergestellt, darf sich nur wegen seiner regionalen Herkunft nicht „Champagner“ nennen. Man nutzt die gleichen Rebsorten, wie Pinot Noir und Chardonnay.

Apropos Urlaub: Habt Ihr Insider-Tipps für Italien?

Vito: Ganz neu entdeckt haben wir die Region um San Benedetto del Tronto. Traumhaft schön und kaum ein Münchener hat je davon gehört - obwohl man in nur einer Flugstunde in Ancona ist und von dort nur noch eine Autostunde braucht. Gastronomie, Strände - wir waren begeistert! Alles ist perfekt organisiert und sauber. Das ist nicht Italien…

Carmen: Es gibt dort ein sehr schönes Lungomare. Man hat fast das Gefühl, in Florida zu sein. Überall kann man sich Fahrräder leihen und entdecken. Der Nachbarort Grottamare ist entzückend, alles sehr ruhig und gepflegt. Nachtleben findet man hingegen in San Benedetto del Tronto. Generell kommen fast nur Einheimische und Römer in die Gegend.

Zurück ins Il Borgo: Zu Euren Gästen zählen viele Prominente. Gibt es eine Persönlichkeit, die Euch richtig beeindruckt?

Vito: Ins Herz geschlossen haben wir sie alle.

Carmen: Es gibt viele Prominente, die zu uns kommen - eben, weil wir keine Police daraus machen. Unsere anderen Gäste haben Anstand und belästigen die Prominenten nicht. Viele fühlen sich gerade deswegen sehr wohl.

Kommen wir nun zu Eurem Sohn, Gianluca, der im Il Borgo ebenso kocht. Gianluca, Dir ist die Küche quasi in die Wiege gelegt worden?

Gianluca: Ja, von klein auf bin ich hier in der Gastronomie herumgelaufen, an Fasching sogar als „Pumuckl“ verkleidet in den Kochtopf gefallen. Zum Glück war der Inhalt nicht mehr heiß…

Was ist das Wichtigste, das Deine Eltern Dir beigebracht haben?

Gianluca: Die Wertschätzung für Essen und Produkte. Viele meinen, sie „müssen“ essen. Bei mir ist es Genuss!

Wenn Du irgendwann die Verantwortung übernimmst für das Il Borgo, bedeutet das für Dich eher Druck oder freust Du Dich, das auf deine Art und Weise zu machen?

Gianluca: Das Il Borgo ist Sicherheit für mich. Man kennt schon viele Leute, das ist die Basis. Wenn man in die Gastronomie gehen möchte, nimmt das den Druck.

Viele sehen nicht die harte Arbeit, die hinter so einem Lokal steckt. Wie sieht ein klassischer Arbeitstag aus?

Vito: Heute morgen war ich bereits um 7 Uhr im Baumarkt, um ein Ersatzteil für die Spülmaschine zu kaufen. Wir haben keine Zeit, zu warten, bis ein Techniker kommt. Also habe ich’s selbst repariert. Danach direkt in den Service und das geht jetzt noch bis ein, zwei Uhr nachts weiter. Manchmal arbeiten wir 16, manchmal 18 Stunden am Tag. Das ist kein Job, wo man sagen kann: Ich mache jetzt weniger. Du willst immer perfekt sein. Und das kostet Energie und Kraft.

Schade, dass man jetzt das Funkeln in deinen Augen nicht niederschreiben kann. Das ist echte Leidenschaft! Vito, Carmen und Gianluca, herzlichen Dank für dieses informative Gespräch.

(Anm. d. Red.: Das Interview wurde im November 2016 geführt.)

 

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