Stefan Frauscher - Lifestyle-Insider.com

Stefan Frauscher

INTERVIEW

Uns verrät der Eigentümer und Geschäftsführer der gleichnamigen Traditionswerft warum ein schlechter Prototyp das Erfolgsrezept für die Zukunft sein kann und wie man sich als Bootsbauer "Made in Austria" gegen die Konkurrenz durchsetzt.

Blick in die Werft

Frauscher 1414 Demon

Für die Demon 1414 wurden Frauschers mit dem German Design Award 2018 ausgezeichnet

17. März 2017

 „Boote Frauscher“ hat eine sehr lange Tradition - alles begann 1927. Stefan, erzählst Du uns die Frauscher-Story kurz im Zeitraffer?

Wir feiern 2017 unser 90-jähriges Jubiläum. Mein Großvater hat in einer kleinen Bootsbauerei am Wolfgangsee gelernt. 1927 ist er auf der Suche nach Arbeit nach Wien gegangen und hat dort seine erste kleine Bootswerft aufgemacht. Schon damals war er bekannt für seine gute Arbeit. Seine O-Jollen, die Olympia-Jollen, waren bei der Olympiade 1936 im Einsatz. Er hat sich eine schöne kleine Werft aufgebaut, die allerdings im Zweiten Weltkrieg komplett ausgebombt wurde. Er ist dann an den Traunsee zurück. Amerikanische Besatzungssoldaten hatten dort die Segelboote des Yachtclubs Traunsee zu Schrott gefahren und man suchte einen Bootsbauer, der die Schiffe wieder auf Vordermann brachte. So hat er 1945 ein zweites Mal neu gestartet und seither sind wir hier am See. Am Anfang waren es Holzboote. 1955 kamen die ersten Elektroboote hinzu, dann die Segelboote. Seit 2000 führen nun mein Bruder Michael, meine Cousine Andrea und ich die Firma.

Die Tradition lebt weiter. Nach wie vor ist Frauscher in Familienhand. Wann hast Du selbst für die Thematik Schiff und Wasser Feuer gefangen?

Als ich ein kleines Kind war, führten meine Eltern eine Segelschule. Dorthin haben sie mich immer mitgenommen, ich bin mitgefahren und so ist meine erste Leidenschaft entstanden. Wie die meisten jungen Buben, wollte ich später Profi-Fußballer werden - mangels Talent ist aber nichts daraus geworden und so habe ich leidenschaftlich mit dem Regatta-Segeln angefangen. Am Anfang war nicht geplant, dass ich ins Unternehmen komme. Es hieß, ein Nachfolger meines Onkels und einer meines Vaters übernimmt. Mein Bruder hatte sich schon entschieden, in die Werft einzusteigen. So habe ich erst Wirtschaft studiert und drei Jahre in einer großen Spedition in Wien gearbeitet. 1998 bat mich mein Bruder, zurückzukommen. Das habe ich sofort gerne gemacht und wir sind gemeinsam durchgestartet.

Im Bereich der Luxusboote bis 15 Meter seid ihr heute international eine anerkannte Marke und genießt größtes Renommee weit über die Seen des Umlandes hinaus. Was waren die wichtigsten Punkte in der Entwicklung?

Als wir eingestiegen sind, haben wir zwar ein super Unternehmen vorgefunden, das keine Schulden hatte - allerdings auch kein Produkt mehr, das sich verkaufen ließ. Wir waren damals sehr stark bei den Segelbooten, spürten aber, dass unsere Boote nicht die Zukunft hatten, die wir uns gewünscht hätten. Im ersten Schritt haben wir dann Elektroboote im Luxus-Segment entwickelt. Das war direkt sehr erfolgreich. Die Kunden sind damals an uns herangetreten und wünschten sich auch Motorboote. Entgegen großem Widerstand und mit viel Überzeugungsarbeit in der Familie haben wir das dann umgesetzt. Mit unserem ersten Motorboot sind wir allerdings direkt auf die Nase gefallen: Der Designer hat sich einfach verrechnet. Wir hatten den Rumpf, sind Probe gefahren und selbst am Traunsee völlig nass geworden. Einfach unfahrbar, das Boot. Wir sind dann zusammengesessen und haben gesagt: „Okay, jetzt schmeißen wir das Teil weg, und machen es richtig.“ Und im Nachhinein war dieser erste schlechte Prototyp das Erfolgsrezept für die Zukunft. Das gesamte Projekt wurde um ein Jahr verschoben. Wir haben uns erst zufriedengegeben, als das Boot wirklich außerordentlich gut war. Wenn wir damals ein mittelmäßiges Motorboot bekommen hätten, hätten wir das wahrscheinlich achselzuckend zur Kenntnis genommen und wären auf der Schiene weitergefahren. Aber durch das Scheitern des ersten Bootes, haben wir so viel gelernt. Vor allem in punkto Fahreigenschaften. So haben wir angefangen, ein Motorboot nach dem anderen zu entwickeln. Auf der boot in Düsseldorf, einer internationalen Bootsausstellung, haben wir uns dann mit dem Boot in die Mitte der Halle 9 hingestellt. Kein Mensch hat sich um uns gekümmert. Unser damaliger Marketingleiter hat die Devise ausgegeben, wir müssen jeden Tag am Abend in der Halle feiern, als hätten wir drei Boote verkauft. Nur so würden die anderen auf uns aufmerksam. Wir haben also um Fünf die Musik aufgedreht und so getan, als ob der Tag super gelaufen ist, obwohl wir völlig deprimiert waren. Irgendwann ist die Presse gekommen und wir erreichten die erste Aufmerksamkeit. Anschließend haben wir ein Boot nach dem anderen entwickelt - immer mit einem Netzwerk aus Freunden. Wolfgang Gebetsroither, unser erster Designer, und Thomas Gerzer, unser Entwicklungsleiter, haben dann die Lido gebaut - ein sehr modernes, kantiges Boot, das bis heute zeitlos ist. Wie wir das erste Boot reingekrant haben, sagte mein Onkel: „Das ist doch Wahnsinn! So schaut kein Boot aus.“ Wir haben damals geantwortet: „Wenn es Dir gefallen würde, wären wir an der Zielgruppe vorbei.“ Wir verstanden das als Kompliment.

Wie ging es weiter?

Die Lido hat sich sehr, sehr gut verkauft. Im Anschluss an die St. Tropez und die Lido  kam die 717 GT, dann die 909 Benaco. Jedes Boot sah ein wenig anders aus. Letztlich waren wir an einem Punkt, wo wir für die Händler nicht mehr greifbar waren. Die wussten mit Frauscher nichts anzufangen, weil sie uns einfach nicht einordnen konnten. Wir mussten eine eigene DNA entwickeln. Rund um unseren Besteller 1017 GT,  haben wir fortan eine Linie gebaut. Bei jedem einzelnen Bootstyp erkennt man die gesamte Marke. In dem Prozess haben wir auch gelernt, „Nein“ zu sagen - zu Booten, die uns sehr ans Herz gewachsen sind. Und so haben wir jetzt eine sehr schlüssige Linie mit offenen und geschlossenen Booten von 7,5 bis 14 Metern.

Ihr seid einen Weg gegangen, der in der Branche am Anfang wahrscheinlich belächelt,  teilweise auch nicht verstanden worden ist. Was waren für Euch im Bereich „Design“ oder „Fahreigenschaft“ wesentliche Punkte?

Einer der wichtigsten Männer in dem Bereich ist unser Entwicklungsleiter Thomas Gerzer. Auch er gehört zur Familie. Der hat ein enormes Gespür für Bootsformen und ich glaube, es gibt in Europa niemanden, der sich so auskennt - etwa, was eine einzelne Leiste am Unterwasserschiff bei einem Bug ausmacht. Die 1017 GT heißt ja nicht nur „GT“ für „Grand Tourismus“, sondern auch „GT“ für „Gerzer Thomas“ oder für „Gin Tonic“ - das wechselt  je nach Stimmungslage (lacht). In Sachen Design entschieden wir uns, einen quasi branchenfremden Partner ins Boot zu holen: Im Moment arbeiten wir mit einem tollen Designer zusammen, Gerald Kiska, der viel Erfahrung aus der Automobil-Industrie mitbringt. Sein Designbüro mit mehr als 100 Leuten in Salzburg entwirft zum Beispiel alles, was KTM macht. Er ist selbst ein begeisterter Motorbootfahrer und bringt damit eine ganz eine andere Sichtweise des Bootbaus ein. Das sieht man etwa an der 1414 Demon. Zudem haben wir mit Harry Miesbauer einen Konstrukteur im Unterwasserbereich sowie ein internes Team. Bis so ein Boot fertig entwickelt ist, fliegen meistens die Fetzen…

Das kann ich mir vorstellen, bei so vielen unterschiedlichen Charakteren und Denkweisen. Nehmen wir mal die Demon als Beispiel. Wie lange braucht so eine Entwicklung im Design und in der Umsetzung? Das ist sicher ein schwieriger Prozess?

Ja, aber auch irrsinnig spannend und befruchtend. Wenn dann der Künstler was anderes möchte, als der Bootsbauer sagt und was machbar ist - dann treffen gewisse Themen aufeinander. Mit der Zeit findet man sich aber immer. Im Design selbst liegen wir meist auf einer Ebene. Auch deswegen, weil wir mit Gerald Kiska, einen Designer haben, der versteht, was eine Marke ausmacht. Er will nicht uns verändern, sondern die Marke schärfen, ohne sich dabei selbst verwirklichen zu müssen. Ich glaube, das ist ein ganz wesentlicher Faktor.  

Ich habe mal gehört, dass die Design-Basis der Demon eine Bierkiste von Zipfer war?

Nein, nicht ganz (lacht)! Kiska ist eben ein Industrie-Designer und echter Hero in der Branche. Er hat auch den Bierkasten von Zipfer entwickelt und gerade wieder einen Riesenvortrag gehalten: Schönheit ist nicht das Ziel des Designs. So lautet sein Tenor. Der Designer will nicht, dass das schönste Boot rauskommt, sondern das Resultat muss mit der Marke übereinstimmen. Das gibt der Firma die Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu erzeugen und die DNA weiter zu entwickeln. Das ist uns auch ganz wichtig: Jeder unserer Bootstypen hat seine eigene Seele. Es gibt aber auch einen Kernpunkt, der alles verbindet. Wenn man so ein Boot sieht, muss man sich denken, „das muss eine Frauscher sein".

In der Bootsbranche werdet ihr mit „Riva“ oder „Wally“ verglichen…

Wir bauen Boote, die uns gefallen und machen kein Market Research. Wir gehen konsequent unseren Weg und denken, dass unsere Kunden das genauso sehen. Vergleiche mit Riva sind nett und wir müssen uns nicht schämen. Bei voller Hochachtung für Riva gibt es schon ein paar Punkte, wo wir meinen, dass wir besser oder einfach anders sind. Und: Wir sind nach wie vor ein Familienunternehmen, gehören keinem chinesischen Konzern an, es steht unser Name drauf.

Thema „Unternehmerisches Risiko“: Die Bootsindustrie war in den vergangenen Jahren kaum gesegnet von großartigem Wachstum, im Gegenteil: Im Zuge der Finanzkrise gab es doch viele, die enorme Schwierigkeiten hatten. Ihr habt genau in dieser Zeit 2012 eine neue Werft gebaut mit über 35.000 Quadratmetern und mehr als 3.000 Quadratmetern Produktionsfläche. Daher die Frage: Wie wappnet man sich als Unternehmer gegen solche Krisen?

Uns hat die Situation natürlich auch getroffen. Wir waren aber in der Zeit an einem Punkt, wo wir international erste Aufmerksamkeit erzielt haben. Es gab daher nur zwei Möglichkeiten: Entweder, wir ziehen uns wieder zurück und arbeiten nur regional, oder wir gehen den Schritt nach vorne und versuchen es. Wir haben uns damals kurzfristig einen Investor hereingenommen, der zu 25 Prozent beteiligt war. Dieser war branchenfremd  und das hat uns im Denken sehr weit gebracht, so dass wir international expandieren konnten. Das bedeutete: Mehr Boote bauen und unbedingt ans Meer gehen. Deswegen trafen wir zur gleichen Zeit die Entscheidung, eine Firma auf Mallorca zu gründen. Hier lassen wir die Leute aus ganz Europa einfliegen, um am Meer unsere Boote zu testen. Gleichzeitig hieß es, eine neue Werft zu bauen. Der Standort in Mallorca war im Übrigen wichtig, weil man uns als Österreicher anfangs nicht abgenommen hat, dass wir Boote fürs Meer bauen können. Zu unserem italienischen Händler Mauro Feltrinelli kam mal jemand, der sagte: „Entschuldige, in Österreich kauft man Speck, Schnaps und Ski - aber kein Boot.“

Feltrinelli ist am Gardasee located und mittlerweile einer Eurer größten Stützpunkte in der Region?

Er macht ganz Italien und ist ein guter, treuer Partner. Aber mit solchen Themen waren wir anfangs konfrontiert. Wir sind trotzdem offensiv den Schritt nach vorne gegangen und jetzt sehr, sehr erfolgreich damit. Aber natürlich kann das wiederkommen. Man muss nach wie vor sehr flexibel sein in der Produktion, um auf Krisen reagieren zu können.

Mal eine ganz persönliche Frage: Wie kämpft man bei so einer Entwicklung gegen Bedenken oder gegen Ängste an, die man als Unternehmer hat?  

Im Nachhinein meine ich, haben wir uns auf etwas eingelassen, was wir in der Dimension überhaupt nicht überblicken konnten. Wir haben nur gewusst, so kann es nicht weitergehen und unsere Chance ergriffen. Mein Vater und Onkel waren dagegen: Das Risiko sei zu groß. Am Ende haben sie uns trotzdem unterstützt und das war ein ganz wesentlicher Punkt. Sie sagten. „Wir würden es nicht machen und glauben auch nicht dran. Aber ihr werdet euch das gut überlegt haben und wenn ihr Hilfe braucht, sind wir da.“ Das war einer der wesentlichen Stützpunkte.  

Das ist auch eine interessante Anekdote, wenn man erlebt, wie viele Unternehmer sich mit der Unternehmensnachfolge schwer tun. Ihr seid das beste Beispiel, dass es eben auch sehr gut funktionieren kann.

Wir haben damals die Firma neu aufgestellt. Wir wussten, welches Risiko wir mit der neuen Werft eingehen und haben gleichzeitig, das von meinen Eltern und von meinem Onkel aufgebaute Unternehmen, in einer eigenen Hafenfirma geparkt. Das heißt, wir haben hier Immobilien, Hafen - das sichere Geschäft auf der einen Seite. Und dann haben wir mit unserem strategischen Partner, die neue Werft gebaut und Szenarien entwickelt, dass wir ihn auch wieder rauskaufen können - was dann nach relativ kurzer Zeit geschehen ist. Heute halten immer noch andere Anteile an der Werft. Wir finden das insofern sehr wichtig, weil es so auch den Blick von außen gibt und nicht alles in der Familie liegt. Wir entscheiden immer mit 75 Prozent, das heißt einer alleine kann nichts blockieren und das ist uns ganz wichtig. So eine Konstellation ebnet den Weg für Entscheidungen nach vorne.

Kompliment an dieser Stelle. Ihr habt dann die neue Werft gebaut als Grundlage zur Unternehmensvergrößerung und mit der Demon jetzt ein neues Flaggschiff. Wo geht die Reise hin? Was habt ihr 2017 geplant?

Wir  haben unsere Palette fast beisammen. Es kommt jetzt noch eine offene Fantom, die wir im  Sommer präsentieren wollen. Und wir haben noch die eine oder andere Idee, die aber noch nicht spruchreif ist. Es gibt viele Märkte, die wir nur zum Teil beackern. Aktuell bauen wir etwa 70 bis 80 Boote pro Jahr. Da ist noch Luft nach oben: In der Größenordnung von 100 bis 110 Booten im Jahr können wir uns die Produktion vorstellen. Wir wollen ein Premiumhersteller bleiben und daher werden es auch nie 1000 Boote. Wer uns kennt, weiß, es wird uns nie zu fad (lacht).  

Toll, man sieht das Glänzen in Deinen Augen, Stefan. Also Ihr habt noch ein paar Sachen in der Schublade…

Wir haben gebaut und uns ganz neu aufgestellt. Aber schon in der alten Werft haben wir über unsere Frauscher & Friends-Gruppe herausgefunden, dass wir den Produktionsprozess ändern müssen. Ein väterlicher Freund von mir, Anton Hunger, seinerzeit Kommunikationschef und rechte Hand von Wiedeking bei Porsche, bot mir seine Unterstützung an. Ich sagte zu ihm: „Ich weiß zwar nicht, dass ich Hilfe brauche, aber wenn du es sagst.“ Und so holten wir Porsche Consulting ins Haus, ein Beratungsunternehmen von Porsche, das nach dem Toyota-Prinzip arbeitet. In der alten Werft haben wir gemeinsam die Abläufe optimiert und die Entwicklung der neuen Werft geplant. Heute haben wir eine der modernsten, kleinen Werften, die es im Moment in Europa gibt. Wahrscheinlich auch, weil unsere Arbeitsprozesse funktionieren. Ein ganz einfaches Beispiel: Jeder Mitarbeiter verlässt heute um 16 Uhr einen sauberen Arbeitsplatz. Früher war das anders: Da sind die Mitarbeiter einfach gegangen. Aufräumen sollte jemand anders, schließlich hatte man ja eine wichtige Aufgabe. Heute räumen die Mitarbeiter um dreiviertel Vier auf und starten am nächsten Tag wieder an einem sauberen Arbeitsplatz. Solche Kleinigkeiten erhöhen die Effizienz enorm. Das haben wir auch lernen müssen.

Bei Frauscher ist alles „Made in Austria“ und unter einem Dach?

Das ist uns sehr wichtig. Unsere Vertriebs-Standorte sind aufgrund der Nähe zum Kunden teils andernorts. Wir sind irrsinnig stark in der Entwicklung, bauen die ersten Boote immer selbst und nutzen ein Netzwerk von Lieferanten, die maximal drei Autostunden entfernt sind. Wir haben etwa einen Tischler und einen Metaller im Nachbarort. Die Bootsrümpfe werden seit vielen Jahren in Tirol gebaut und unsere Polster auch in der Region gefertigt. So erzielen wir große regionale Wertschöpfung - auch weil wir möchten, dass unsere Mitarbeiter ein Lieferantenproblem selbst lösen können. Daher suchen wir die Nähe zu kleinen Betrieben, die mit uns mitwachsen und jedes Boot wird absolut Just-in-Time gefertigt. Das heißt: Mit dem Eingang der Anzahlung beginnen wir erst die Bestellung. So haben wir den Lagerstand von früher 1,3 Millionen auf 300.000 € senken können. Jedes Boot ist absolut customised, der Kunde kann sehr viel entscheiden, wie sein Boot aussehen soll. Wöchentlich schicken wir ihm ein Foto vom Bauprozess. So ist er schon Teil der Frauscher-Familie, bevor er sein Boot überhaupt hat.

Nehmen wir mal beispielsweise die Demon: Wie lange dauert es von der Auftragsbestellung bis zur Fertigstellung?

Ungefähr ein halbes Jahr.

Also überschaubar. Du hast mich auf den Punkt mit dem vielbesagten Fachkräftemangel gebracht. Wie geht ihr in Eurem Werk in Österreich mit der Thematik um?

Wir  suchen gerade wieder Fachkräfte und das ist genau der Punkt, wo unser Wachstum an seine Grenzen stößt. Wir können nicht einfach 30 oder 40 Prozent mehr Boote bauen, weil wir die Facharbeiter dazu nicht haben. Unser oberstes Ziel ist Qualität. Dadurch ist unser Wachstum  automatisch reguliert auf etwa 15 bis 20 Prozent im Jahr. Wir bilden unsere Leute selbst aus. Momentan haben wir sieben Lehrlinge. Bootsbauer ist in Österreich ein anerkannter Lehrberuf und die meisten Azubis übernehmen wir. Dann gibt es auch Fachkräfte wie etwa Tischler, die wir abwerben und ein Jahr ausbilden, bis sie voll einsatzfähig sind. Wir haben ein Produkt, das gerade junge Männer extrem anzieht. Wenn so ein Boot fertig gebaut ist, dann kann man daheim schon was erzählen. Da gibt es dann mal ein Selfie vor dem Boot oder man darf es mal Probefahren. Boote und ein V8-Motor, der sprudelt - das sind Dinge, die gerade junge Burschen faszinieren.  

Gehen wir auf die Produktpalette von Frauscher ein. Ihr kommt ja aus der Elektrobootschiene und habt den Paradigmenwechsel Richtung Motorboot vollzogen. Wie haben sich die Anteile da verändert?

Der Elektrobootbereich ist ein wichtiges Segment für uns, das wir weiter beibehalten. Aber wir haben immer schon die Nase rausgestreckt und nach Neuigkeiten gesucht. So waren wir etwa die Ersten, die ein serienmäßiges Hybridmotorboot auf den Markt gebracht sowie ein Wasserstoffelektroboot getestet und gelauncht haben. Im Elektrobootbereich sind wir weiterhin Vorreiter und wollen es bleiben. Auch in dem Segment sehen wir neue Märkte auf uns zukommen. In zehn bis 15 Jahren wird man wohl nicht mehr zwischen Elektro- und Motorboot unterscheiden, sondern nur mehr nach der Motorenart mit Diesel, Benzin oder Elektro.

Ihr seht also eine Art Homogenisierung der Motorenauswahl. Geht Ihr davon aus, dass bei den Elektrobooten die Entwicklung der Technologie so weit geht, das sie sich in punkto Geschwindigkeit und Unterhalt nicht mehr groß unterscheiden? 

Am Meer lässt sich der Verbrennungsmotor durch den Elektromotor in absehbarer Zeit nicht ersetzen. Aber auf kleineren Revieren wird mit einem Elektromotor eine ähnliche Performance möglich sein. Davon sind wir überzeugt.

Das heißt der Elektromotor ist sehr stark auf Binnengewässer zugeschnitten?

Und dann gibt es immer noch die Unterscheidung zwischen den Langsamen und den Schnellen. Letztere werden wesentlich teurer, weil die Batterie-Technologie eben sehr teuer ist. Zum Gleiten braucht ein Boot gute 80 Liter. Das elektrisch herzustellen, ist ein Kosten- und Reichweitenfaktor. Es gibt schon Einschränkungen, aber trotzdem sehen wir Entwicklungen, die uns sehr positiv in die Zukunft sehen lassen. Die herkömmlichen Märkte sind bei uns sind ein bisschen gesättigt und durch die Liegeplatz-Thematik eingeschränkt. Aber wir verkaufen dieses Jahr die ersten Elektroboote nach Kasachstan und nach Polen. Es tun sich also neue Reviere auf. Umsatzmäßig machen wir aktuell zwischen 15 bis 20 Prozent mit dem Elektroboot, der Rest ist Motorboot. In der Anzahl der Boote liegen wir vielleicht bei 40 Prozent Elektroboote, 60 Prozent Motorboote.

Wo siehst Du die Entwicklung beim Antrieb der Elektroboote. Was denkst Du, was wird da in den nächsten Jahren an Geschwindigkeiten möglich sein?

Es gibt schon jetzt Geschwindigkeiten um die 60 km/h. Allerdings mit Technologien, an die wir uns noch nicht ran trauen, weil für uns die Sicherheit des Kunden an oberster Stelle steht. Wir arbeiten an ein paar Testprojekten mit: Ich glaube, dass wir in kurzer Zeit ähnliche Geschwindigkeiten erzeugen können, nur die Reichweite wird nicht dieselbe sein.

Was ist der Verkaufsschlager in diesem Segment?

Das geht wirklich quer durch die gesamte Palette durch, mit einem leichten Ausschlag bei der 1017 GT und der 1017 Lido. Letzteres ist das Boot, das wir am längsten im Programm haben und das jetzt in den diversen Märkten einfach richtig zum Durchsetzen kommt. Man muss so ein Boot meist bis zu drei Jahren präsentieren, bis es Aufmerksamkeit erhält. Auch unsere Marke ist ja international erst in der Entwicklung. Und da verkaufen wir im Moment wirklich gut.

„International in der Entwicklung“ ist ein gutes Stichwort. Wie viele Stützpunkte habt ihr weltweit?

Wir haben als Firma Frauscher nur einen weiteren Stützpunkt: Mallorca, Port Adriano. Ansonsten arbeiten wir weltweit mit 25 Vertriebspartnern zusammen. Wir legen einen klaren Schwerpunkt auf Mittel- und Südeuropa. Und wir versuchen gerade in Florida Fuß zu fassen, weil wir dort einen ausgezeichneten Partner haben.

Inwieweit ist Product Placement etwa in Verbindung mit Filmen wie James Bond interessant für Euch?

Wenn es uns gelingt, dann haben wir einen riesen Spaß. Aber es ist eben nicht planbar, weil wir kein Budget dafür vorgesehen haben. Wir haben das Glück, dass unsere Marke und unser Design Aufsehen erregen, so dass die Filmemacher auf uns zukommen. In „The Night Manager“ hatten wir zum Beispiel ein gelungenes Product Placement. Die BBC-Serie mit Doctor House-Darsteller Hugh Laurie hat gerade drei Golden Globes gewonnen. Dann hat Roberto Cavalli mit uns gedreht für seinen Duft Paradiso und wir waren im Heineken-Spot für James Bond auch mit unseren Booten vertreten. Solche Dinge passieren, ohne, dass wir uns besonders bemühen müssen…

…was wiederum für Qualität, Design und Marke spricht. Das ist sicher ein Hochgefühl, wenn man die eigenen Boote in einem Heineken-Werbespot sieht?

Absolut. Es freut aber auch unsere Kunden, denn das ist wie eine Kaufbestätigung: „Ich bin bei der richtigen Marke. Die sind cool!“. Insbesondere für Bestandskunden ist das ein Thema. Man darf nicht erwarten, dass Menschen, die im Kino sitzen und die Heineken-Werbung sehen automatisch, sagen: „Das ist ein Frauscher-Boot“. Aber der bootsaffine Kunde erkennt das Boot. Das ist dann eine Selbstbestätigung und der zeigt es dann vielleicht wirklich in der Loge bei Bayern München seinem Freund und sagt: „Schau, das Boot habe ich.“ Und so entsteht der positive Effekt.

In Eurem Markt  gibt es irrwitzige Storys und ebensolche Kunden. Über Namen wollen wir nicht reden, aber es gibt sicher die eine oder andere Story...?  

Ich würde sagen 99 Prozent unserer Kunden sind wirklich interessante Leute, die erfolgreich in ihrem Job sind oder waren. Wenn ich mit ihnen zusammensitze, dann profitieren auch wir. Natürlich gibt es ab und zu auch ausgefallenere Geschichten, weil wir da oft in eine ganz andere Welt eintauchen. Aber das sind eher Ausnahmen. So richtig verrückte Sachen, mit denen man nicht umgehen kann, passieren fast nicht. Ich denk mir jeden Tag, wie schön es ist, in dieser Branche zu arbeiten. Denn ich kann mir keinen besseren Job vorstellen. Ich darf Boote mitdesignen, treffe interessante Leute und bin an den schönsten Orten der Welt. Für mich der Traumjob.

Stichwort: „Die schönsten Plätze der Welt“. Hast Du Tipps für unsere Community?

Fahrt nach Karbach am Traunsee! Bei den Einheimischen heißt der Platz nur „Kuba“. Das ist eine Halbinsel mit einem liebenswert verrückten Wirt. Ein Kraftplatz schlechthin. Dort sind wir extrem gerne und ich kann es jedem empfehlen. Wir haben dort schon die lustigsten Geschichten erlebt - etwa, wenn wir hochrangige Leute dabei hatten. Fahren wir zu diesem einfachen Wirtshaus und zeigen, wie man auf einer Holzbank ein Schmalzbrot isst und einen Gspritzten trinkt, dann hat das wirklich was Lässiges. Denn mit Fünf-Sterne-Gastronomie kann man diese Klientel eh nicht locken. Im Hotelbereich arbeiten wir am Lago Maggiore mit zwei Fünf-Sterne-Partnern, die unsere Boote haben: Das Castello del Sole und das Giardino. Am Gardasee hat unser Händler weitere Hotelpartner: Das Lefay Resort & Spa, das Grand Hotel a Villa Feltrinelli und das Grand Hotel Fasano. Das sind für uns Aushängeschilder. Ich persönlich war die letzten drei Jahre viel in Südfrankreich unterwegs. Ich baue in meinem Bereich ja immer Neues auf. Zunächst war ich daher drei Jahre in Spanien - das machen jetzt mein Bruder und mein Neffe. Nun bin ich in Frankreich aktiv, teste den Markt und fühle mich extrem wohl dort. Die schönsten Monate sind Mai, Juni und September. Juli und August sind mir zu überlaufen.  

Hast Du Hotel- oder Restaurant-Tipps vor Ort?  

In Saint-Tropez gibt es eine kleine Pizzeria die heißt Bruno. Das Lokal liegt weiter hinten und ist für mich einer der schönsten Plätze vor Ort. Dann empfehle ich das Sénéquier direkt am Hafen - Sehen und Gesehen werden… Hinter dem Fischmarkt findet man einen kleinen Weinhändler, bei dem man im Freien auf Weinkisten sitzt und von fünf bis sieben ein Glaserl Wein trinken kann. Daneben gibt es einen kleinen Austernstand: Hier beginnen sensationelle Abende - eine Perle, die trotz Zentrumsnähe nur wenige Leute kennen. Die Strandclubs finde ich natürlich auch ganz toll, um während des Tages gut zu essen oder zu feiern, sind aber eher Mainstream.

Was ist Dein liebstes Gewässer, wo Du mit dem Boot unterwegs bist? Oder heißt es bei dir generell, Wasser ist Dein Element?

Prinzipiell fühl ich mich überall wohl, wo ich auf einem Frauscher-Boot bin. Aber natürlich ist der Traunsee Heimat und da bin ich gerne mit unserem kleinen Elektroboot mit der Familie unterwegs. Das ist an einem schönen Tag schon etwas ganz Besonderes.

Themawechsel: Mit der Demon seid ihr über 10 Meter hinaus in ein neues Segment vorgestoßen.  Der Einstiegspreis liegt bei rund 800.000 € und nach oben ist bei Booten ja bekanntlich alles offen. Wie viel Stück plant Ihr davon zu bauen?

Wir sind jetzt gerade bei Baunummer 11 und können etwa sieben Stück pro Jahr bauen.

In der Tat sehr exklusiv. Lass uns weiter über Design sprechen. Seit 2014 habt ihr zahlreiche Auszeichnungen gewonnen: „Best of Boat-Award 2016“, den „Showboats Design Award 2016“, den „German Design Award“ und dann den „Nautic Design Award 2014“ mit Sonderpreis in „Sport and Style“. In der Kategorie „Dayboat“ im Rahmen der Nautic-Expo in Paris saßen in der Jury keine Geringeren wie Philippe Starck  oder Odile Decq. Auch im Kleinen, etwa bei den Bootsplanken, steht ihr für ein Design, das mit einer eigenen Finesse punktet…

Wir kaufen nichts von der Stange. Es wird praktische jeder Beschlag für das Boot bei uns konstruiert und designt. Und es heißt oft, weniger ist mehr. Wir lieben diese puristischen Linien. Und meist ist weglassen einfach besser. Formen sprechen auch für sich allein. Das ist mal ein ganz ein wesentlicher Punkt. Ansonsten: Wir geben uns nicht mit gekauften Dingen zufrieden, sondern entwickeln besser selber.

Aber Design steht nicht vor Funktionalität?

Bei einem richtig guten Designer geht es heute genau um dieses Thema und nicht um Schönheit. Wir erwarten von einem Designer zum Beispiel auch, dass er daran denkt, dass wir das Boot ökonomisch und stabil bauen können. Die Funktionalität steht im Vordergrund.

Ihr seid jetzt in der dritten Generation am Hebel und die nächste Generation steht ja praktisch auch schon wieder parat, oder?

Die steht nicht nur parat sondern ist schon in der Werft etabliert. Wir sehen es auch als unsere Aufgabe, die nächste Generation heranzuziehen. Da geht es nicht nur um Familienmitglieder, sondern vielmehr darum, ein junges Führungsteam zusammenzuschmieden und die nächsten Schritte zu gliedern. Auch dort müssen wir Verantwortung verteilen. Wir haben ein Super-Team auch mit älteren oder gut gedienten Mitarbeitern - die werden bei uns sicher in Pension gehen können und bis dorthin große Verantwortung haben. Aber auch deren Aufgabe ist es, die Nächsten heranzuziehen. Ich finde, wir haben eine wirklich charismatische Truppe hier.

Wieviel Mitarbeiter seid ihr aktuell und wieviel werdet ihr in 2017 noch werden?

Im Moment haben wir 49 Mitarbeiter und wollen dieses Jahr noch auf 55 wachsen.

Und in Sachen Umsatz?

Die ausschlaggebende Zahl ist der Neuboot-Umsatz. Wir arbeiten in einem Wirtschaftsjahr, das im August endet: 2015/16 lagen wir hier bei 10 Millionen €. Dieses Geschäftsjahr kommt voraussichtlich ein Umsatz von 11 bis 11,5 Millionen € heraus.

Und wo siehst Du die Marke in zehn Jahren?

Ich glaube, dass wir unseren Weg stringent weitergehen. Daher sehe ich uns als exklusive Sportbootmarke in ganz Europa etabliert. Unser Kunde ist oft jünger als bei anderen Marken, steht meist noch selbst im Beruf, liebt schöne Dinge und ist ein marken- und designaffiner Mensch. Für diese Klientel haben wir aktuell fast Alleinstellung. Auf der Schiene sollten wir bleiben und uns weiter etablieren. In Deutschland und im deutschsprachigen Raum ist unser Bekanntheitsgrad schon sehr gut, auch in Frankreich, in Italien, der Schweiz und Spanien kennt man uns in manchen Regionen schon sehr gut. Es gibt aber noch viele, viele Möglichkeiten in andere Märkte durchzudringen.

Was für ein schönes Schlusswort Stefan! Vielen Dank für Deine Zeit und dieses interessante Gespräch.

 

 

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